von Stefanie Reinberger, wissenslogs.de -> Science and the City
Gekonnt eingesetzte Krokodilstränen, punktgenau gelandete, herzzerreißende Abschiedssätze, ein Abgang mit rauschendem Kleid... Ist es nicht das, was man uns Frauen nachsagt? Dass wir das perfekt inszenierte Drama beherrschen? Mag ja sein, dass das auf so manche Lebenssituation zutrifft. Und irgendwie scheinen wir damit ja auch Erfolg zu haben. Aber, hey, hat mal jemand in letzter Zeit Fußball geschaut? Und? Irgendetwas aufgefallen? Ja?
Genau: Es ist Frauenfußball-WM. Und die Mädels machen nicht nur eine verdammt gute Figur auf dem Platz, sie spielen auch noch richtig gut. Noch was? Richtig: Kein übertriebenes Fallen, obwohl die
gegnerische Schuhspitze meilenweit entfernt ist, kein demonstratives Herumwälzen auf dem Platz, keine Leidensmienen, die in Daily-Soaps nicht schlechter gespielt werden könnten, kein Humpeln, das
unwillkürlich an Capitain Ahabs Holzbein denken lässt. Nichts von alledem.
Okay, Italien ist nicht dabei, aber trotzdem: Es fällt auf. Und zwar nicht nur dem fußballbegeisterten Zuschauer. Auch Wissenschaftler haben sich mit dem Phänomen befasst. Martin Lames, Professor
für Trainingswissenschaften und Sportinformatik an der TU München, analysierte mit seinen Mitarbeitern 56 Fußballspiele – Begegnungen von Herren- und Damen-Teams – und stellte fest: Frauenspiele
werden zwar insgesamt öfter unterbrochen, gehen dann dafür zügiger wieder weiter als bei den Kerlen. Männer bleiben bei Verletzungen (oder was sie dafür ausgeben) länger liegen als Frauen, und
zwar volle 30 Sekunden. Außerdem machen sie auch bei Toren ein größeres Trara und jubeln etwa eine Minute lang – doppelt so lang wie die Mädels. Auch Auswechseln dauert 10 Minuten länger.
Das klingt nicht nach weltbewegenden Zeiträumen, die Tendenz ist jedoch mehr als auffällig. Was sagt das wohl darüber aus, wer hier die wahren Drama-Queens sind? Die Münchner Wissenschaftler
interpretieren ihre Ergebnisse jedenfalls so: Während bei Männern der Gedanke an Inszenierung stärker ausgeprägt ist, steht bei den Fußballfrauen offensichtlich das Spiel im Vordergrund! In
diesem Sinne wünsche ich allen am Samstag ein spannendes Viertelfinale.
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