von Stefanie Reinberger, Spektrum der Wissenschaft, 9-2011, Spektrum extra
Frank Schneider hat eine Vision. Er sieht im Blick ins Gehirn eine Möglichkeit, Diagnose und Behandlung eines psychiatrischen Patienten erheblich zu verbessern. Im Interview erklärt der Psychologe und Mediziner, was bildgebende Verfahren für sein Fachgebiet schon heute leisten und welche weiter gehenden Hoffnungen er in sie setzt.
Spektrum der Wissenschaft: Der Nobelpreisträger Eric Kandel argumentierte schon in den 1990er Jahren, dass Gehirn und Geist, also Physiologie und Psyche, einander bedingen und quasi die
Kehrseiten ein und derselben Medaille sind. Entspricht dies in Fachkreisen mittlerweile der allgemeinen Überzeugung?
Frank Schneider: Diese Sichtweise, wonach Geist und Materie in engster Wechselwirkung miteinander stehen, gab es schon länger. Aber sie setzte sich erst in den letzten 20 Jahren allmählich
durch – unter anderem dank großer Fortschritte bei den Untersuchungsmethoden. Das sehe ich auch an meiner eigenen Biografie: Ich habe angefangen, Psychologie zu studieren, weil ich mich für
den Einfluss des Gehirns auf das Verhalten des Menschen interessierte. Später habe ich Medizin als zweites Studienfach dazugenommen, weil mir klar wurde, dass Leib und Seele, Biologie und Umwelt
ganz eng zusammengehören. In meinem Kollegenkreis ist dies fast durchweg anerkannt. Auch wenn es natürlich noch ein paar Freudianer gibt, die das anders sehen…
Spektrum: Welche Rolle spielen bildgebende Verfahren beim Brückenschlag zwischen Physiologie und Psychologie?
Schneider: Die Bildgebung ist ein wichtiges Werkzeug, um zu verstehen, was im Gehirn passiert. Sie hilft, Veränderungen in diesem Organ aufzuspüren und zu sehen, worin sich Menschen mit einem
bestimmten Krankheitsbild von Gesunden unterscheiden. Dazu untersuchen wir die Struktur und die Funktion des Gehirns. Die Struktur ließ sich früher nur nach dem Tod an Gehirnschnitten ermitteln.
Heute ist das mit der Magnetresonanztomografie, kurz MRT, auch an Lebenden möglich…
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