Wer Buchstaben schmeckt, Töne sieht und Personen eine Farbe gibt, hat eine ganz besondere Gabe: Synästhesie. Wissenschaftler fahnden im Denkorgan nach den Ursachen dafür, dass manche Menschen scheinbar unpassende Sinneseindrücke verknüpfen.
von Stefanie Reinberger, dasgehirn.info 23.03.2012
Die seltsame Probandin sorgte für Gesprächsstoff in Lutz Jänckes Team. Die Wissenschaftler der Universität Zürich untersuchten, wie sich das absolute Gehör im Gehirn manifestiert. Ein Proband nach dem Anderen absolvierte verschiedene Tests. Doch dann kam eine junge Flötistin an die Reihe. Sie behauptete, bei bestimmten Tonintervallen einen ganz spezifischen Geschmack auf der Zunge zu verspüren. „Als mein Mitarbeiter das beim Mittagessen erzählte, grinsten die Kollegen zunächst“, erinnert sich Jäncke. „Das klang irgendwie total verrückt.“ Doch dann fiel der Groschen: Die Profimusikerin war Synästhetikerin – und weckte das Interesse des Neurowissenschaftlers.
Synästhesie (von altgriechisch „syn“ für „zusammen“ und „aisthesis“ für „Empfindung“) ist keine Krankheit. Dennoch sind Synästhetiker, die manche auch Synästheten nennen, besonders: Sie verknüpfen unwillkürlich zwei, manchmal sogar mehrere Sinnesreize miteinander. So gibt es Menschen, die wie die Flötistin Töne oder Tonintervalle schmecken oder als Farben wahrnehmen. Andere berichten von duftenden Buchstaben und bunten Zahlen. Und sogar Gefühle können mit einer bestimmten Wahrnehmung verknüpft sein. So gab eine Synästhetikerin an, sie empfinde die Ziffer vier als „total zickig“.
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