Mi
20
Jan
2016
Passkontrolle in der Zelle
von Stefanie Reinberger, Spektrum der Wissenschaft 2/2016
Ein chemisches Anhängsel hilft der angeborenen Immunantwort, körpereigene RNA vom Erbgut feindlicher Viren zu unterscheiden.
Egal ob Parasiten, Pilze, Bakterien oder Viren – die angeborene Immunabwehr erkennt Krankheitserreger als fremde Eindringlinge und reagiert binnen weniger Minuten auf den feindlichen Angriff. Teilweise können die Komponenten dieser ersten Abwehrfront Erreger direkt beseitigen und so eine Infektion vereiteln. Daneben alarmiert die angeborene Immunantwort durch Botenstoffe auch Nachbarzellen, die noch nicht befallen sind. Außerdem ruft sie die Abwehrzellen der adaptiven Immunantwort auf den Plan, die den Erreger dann ganz gezielt bekämpfen sowie ein Immungedächtnis ausbilden, das später vor einer erneuten Infektion mit dem gleichen Keim schützen kann. Diesem Gedächtnis ist es zu verdanken, dass man sich meist kein zweites Mal mit Masern oder Windpocken ansteckt. Auch bei Impfungen macht man es sich zu Nutze.
Den Feind erkennt das angeborene Immunsystem meist daran, dass er Moleküle besitzt, die im Körper in dieser Form nicht existieren, etwa anders aufgebaute Eiweißstoffe oder Zuckerketten. Bei Viren hingegen besteht ein besonders wichtiger Weg darin, deren genetisches Material als "unpassend" zu identifizieren. Das gelingt mal mehr und mal weniger: Viren mit einem Erbgut aus DNA wie etwa Herpesviren bauen dieses einfach in das des Wirts ein, und schon können sie dort viele Jahre überdauern. Retroviren wie HIV besitzen zwar ein RNA-Genom, übersetzen dieses aber zwecks Vermehrung in DNA und schmuggeln sich so ebenfalls ins Erbgut des Wirts.
RNA-Viren, zu denen viele Erkältungsviren, aber auch gefährlichere Vertreter wie Influenza-, Ebola-, Dengue- oder Gelbfieberviren zählen, können sich dagegen nicht im Wirtsgenom verstecken. Die angeborene Abwehr erkennt sie daher meist gut. Entsprechend lösen sie oft heftige Immunreaktionen und in der Folge schwere Krankheitssymptome aus. "Das gelingt etwa, weil RNA-Moleküle an Orten in der Zelle auftreten, wo RNA im Normalfall nichts zu suchen hat", sagt Martin Schlee, Biochemiker am Uniklinikum Bonn. "Oder weil sie in einer untypischen Form vorliegen, wie bei der doppelsträngigen RNA von Rotaviren, die gravierende Durchfallerkrankungen verursachen." …
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Do
30
Apr
2015
Acht Uhr ist zu früh zum Lernen
von Stefanie Reinberger, spektrum.de, 30.04.2015
Die innere Uhr geht in der Pubertät nach, sagen Chronobiologen. Zwingen wir Teenager dazu, früh morgens schon in der Schule zu sitzen, leiden Lernfähigkeit und Gesundheit.
Erinnern Sie sich noch an Ihre Schulzeit? Genau: Das war die Phase Ihres Lebens, in der der Wecker grundsätzlich mitten in der Nacht klingelte. Beim Frühstück bekamen Sie vor Müdigkeit keinen Bissen herunter. Anschließend dämmerten Sie im Schulbus dem Unterrichtsbeginn entgegen. Die ersten Stunden waren eine echte Qual, und an das korrekte Lösen von quadratischen Gleichungen war vor der großen Pause sowieso nicht zu denken.
Wenn es Ihnen damals auch so ging, dann befinden Sie sich in bester Gesellschaft. Laut einer Studie aus dem Jahr 2012 schlafen zwei von drei Jugendliche zu wenig....
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Di
24
Feb
2015
Genregulation durch RNA-Schnipsel
von Stefanie Reinberger, Spektrum der Wissenschaft, 24.02.2015
RNA-Moleküle können Gene abschalten, etwa mittels "RNA-Interferenz", und so auch ohne Mutation Resistenzen oder Verhaltensänderungen bewirken. Solche Vorgänge gelten meist als epigenetisch – aber nicht unbedingt zu Recht.
Wenn Infektionserreger gegen Medikamente resistent werden, schrillen bei Ärzten die Alarmglocken – und erst recht, wenn ein neuer Mechanismus dahintersteckt. Die große Sorge: Medizinische Waffen gegen gefährliche Keime könnten stumpf werden. Einen solchen neuen Resistenzmechanismus entdeckte kürzlich ein Wissenschaftlerteam aus den USA und Spanien: Der Köpfchenschimmel Mucor circinelloides, der in seltenen Fällen tödliche Infektionen auslösen kann, entkommt der Wirkung des antimykotisch wirkenden Stoffs Tacrolimus mit Hilfe der so genannten RNA-Interferenz (RNAi). Der Begriff fasst eine Gruppe natürlich vorkommender Mechanismen zum Abschalten von Genen zusammen, bei denen spezielle RNA-Moleküle die normale Genexpression stören. Diese produziert zunächst eine Boten-RNA genannte Abschrift des Gens, die dann ihrerseits als Bauanleitung zur Proteinherstellung dient. RNA-Interferenz kann an verschiedenen Punkten dieses Ablaufs ansetzen, wobei das Resultat dasselbe ist: Es entsteht kein oder nur noch wenig Protein...
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Fr
16
Nov
2012
Keine Einbahnstraße
Die Entwicklung kann bei Organismen nicht nur von der Stammzelle zum spezialisierten Gewebe ablaufen, sondern – mit etwas Nachhilfe – auch umgekehrt. Mit der gezielten Reprogrammierung von bereits ausgereiften Zellen revolutionierten John Gurdon und Japaner Shinya Yamanaka die Stammzellforschung und wurden dafür mit dem Nobelpreis für Medizin oder Physiologie geehrt.
von Stefanie Reinberger, in Spektrum der Wissenschaft 12–2012
Mo
23
Apr
2012
Revolution der Riesenviren
Gigantische Viren rütteln am akzeptierten biologischen Weltbild: Möglicherweise bilden sie gar eine neue, vierte Domäne des Lebens. Zwar ist diese Frage noch lange nicht geklärt, doch immerhin vermittelt die genetische Ausstattung der Riesenviren zunehmend Einblicke in ihre evolutionären Wurzeln
Von Stefanie Reinberger, Spektrum der Wissenschaft 5–2012
Als Wissenschaftler 1992 das erste Riesenvirus entdeckten, erkannten sie zunächst gar nicht, was sie da in ihren Reagenzgläsern hatten. In Proben aus dem Wasserkreislauf eines Industriekühlturms in Bradford, Großbritannien, hatten sie Amöben gefunden, die mit einer unbekannten "Mikrobe" infiziert waren. Die Forscher ordneten Letztere den grampositiven Bakterien zu und tauften sie Bradfordcoccus.
Erst Jahre später, 2003, wurde Didier Raoult von der Université de la Méditerranée in Marseille klar: Das vermeintliche Bakterium ist ein Virus – wenn auch eigentlich viel zu groß. Mit seinem Durchmesser von 750 Nanometern übertrifft es kleine intrazelluläre Bakterien und ist sogar im Lichtmikroskop zu sehen. Der Franzose nannte den Riesen Mimivirus, von "mimicking microbe": ein Virus, das sich als Bakterie ausgibt.
2004 warteten Raoult und sein Kollege, der Genetiker und Bioinformatiker Jean-Michel Claverie, mit der Sequenz des doppelsträngigen DNA-Genoms auf – sowie mit neuen Überraschungen. So übertrifft das Erbgut mit 1,2 Millionen Basenpaaren das bis dahin größte bekannte Virusgenom um das Doppelte. In ihm verschlüsselt sind rund 1000 Gene; manches Bakterium besitzt weniger…
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Di
22
Nov
2011
Wachposten des Immunsystems
von Stefanie Reinberger, Spektrum der Wissenschaft, 12/2011
Der diesjährige Medizin-Nobelpreis geht an Bruce Beutler, Jules Hoffmann und Ralph Steinman. Die drei Immunologen haben mit ihrer Arbeit entscheidend zum Verständnis der körpereigenen Abwehr beigetragen und damit den Weg für bessere Impfstoffe und Therapien geebnet.
Mo
22
Aug
2011
Blick ins Gehirn von seelisch Kranken
von Stefanie Reinberger, Spektrum der Wissenschaft, 9-2011, Spektrum extra
Frank Schneider hat eine Vision. Er sieht im Blick ins Gehirn eine Möglichkeit, Diagnose und Behandlung eines psychiatrischen Patienten erheblich zu verbessern. Im Interview erklärt der Psychologe und Mediziner, was bildgebende Verfahren für sein Fachgebiet schon heute leisten und welche weiter gehenden Hoffnungen er in sie setzt.
Fr
22
Jul
2011
Von Kurven, Orgasmen und anderen Merkwürdigkeiten
von Stefanie Reinberger, Spektrum der Wissenschaft, 8–2011
Stefanie Reinberger über "Wie die Frauen zu ihren Kurven kamen" von David P. Barash und Judith Eve Lipton
Frauen sind rätselhafte Wesen – dieser Behauptung würde so mancher Mann ohne Zögern zustimmen. Aber die Ursache dafür ist vielleicht nicht vorrangig im natürlichen Unverstand des männlichen Geschlechts zu finden, sondern in der Evolutionsbiologie – sagt der Evolutionsbiologe David P. Barash gemeinsam mit Judith Eve Lipton, Psychiaterin mit Schwerpunkt Frauengesundheit.
Fr
20
Mai
2011
Evolutionstheorie als spannender Krimi
von Stefanie Reinberger, Spektrum der Wissenschaft, 6–2011
Richard Dawkins trägt für die ewigen Zweifler aktuelle Beweise für die zentrale These der Biologie nach.
Bei dem Namen Richard Dawkins und dem Titel "Die Schöpfungslüge" erwartet man – wieder einmal – ein hitziges Pamphlet gegen Gott, Religion und Kirche. Weit gefehlt: Bereits im ersten Kapitel betont der britische Evolutionsbiologe und vielfache Buchautor, dass sich sein neues Werk keinesfalls gegen Religion und Glaube richte – zumal er ein solches bereits geschrieben habe ("Der Gotteswahn", Spektrum der Wissenschaft 11/2007, S. 118).
Fr
15
Apr
2011
Gewichtige Gene in Spektrum direkt
Der Artikel "Gewichtige Gene" von Johannes Hebebrand und Stefanie Reinberger ist in der aktuellen Ausgabe von Spektrum direkt erschienen.
Do
17
Mär
2011
Verhängnisvoller Direktangriff
von Stefanie Reinberger, Spektrum der Wissenschaft 4–2011
Do
17
Mär
2011
Dschungelbuch mit beschränkter Perspektive
Rezension: "Unter Kannibalen – Eine Philosophin im Urwald von West-Papua" von Karen Gloy
von Stefanie Reinberger, Spektrum der Wissenschaft 4-2011
Es gibt sie noch, die Kannibalen im 21. Jahrhundert! Mit diesem Satz eröffnet die Philosophin Karen Gloy den Bericht über ihren Besuch bei den Kombai, einem Stamm im Dschungel Westpapuas, dessen Mitglieder zum größten Teil noch nie Kontakt zu Weißen hatten. Gloy, eine Schülerin des Physikers und Friedensforschers Carl Friedrich von Weizsäcker, nimmt die lange Reise auf sich, um "für ihre philosophischen Reflexionen einen unvoreingenommenen Blick auf die eigenen Bedingungen und die eigene Kultur zu erhalten".
Fr
26
Nov
2010
Tierischer Sex
von Stefanie Reinberger, Spektrum der Wissenschaft, 12/2010
Amüsante Geschichten über das bizarre Paarungsverhalten geschlechtsreifer Naturbewohner – in zweifacher Ausführung
Fr
26
Nov
2010
Warum kommen in vielen Weihnachtsrezepten altmodische Zusätze wie Hirschhornsalz vor?
Hefe, Hirschhornsalz, Pottasche, Backpulver – sie alle sollen den Teig "aufgehen" lassen. Diese Backtriebmittel setzen dazu in einer (bio-)chemischen Reaktion Kohlendioxid frei, das sich ausbreitet und den Teig mit Gasbläschen durchsetzt; Backen verfestigt dann diese lockere Struktur. "Über die Wahl des Backtriebmittels entscheidet zum Teil der persönliche Geschmack", erklärt Lebensmittelchemiker Claus Günther. "Aber es gibt auch feine Unterschiede, die dafür sorgen, dass das jeweilige Backwerk gelingt und verträglich ist."...
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Fr
26
Nov
2010
Babyboom aus der Retorte
von Stefanie Reinberger, Spektrum der Wissenschaft, 12/2010
Im Jahr 1978 gelang es Robert G. Edwards als Erstem, menschliche Eizellen in der Kulturschale zu befruchten und in den Uterus einer Frau zurückzuverpflanzen. Für diese Pioniertat wurde ihm nun der Nobelpreis für Medizin oder Physiologie verliehen.
Fr
24
Sep
2010
Warum wird Zement eigentlich hart, wenn man ihn mit Wasser anrührt?
von Stefanie Reinberger, Spektrum der Wissenschaft 10/2010
Vom grauen Pulver zum steinharten Brocken – Zement ist der Kitt, der Sand und Splitt zu Mörtel oder Beton verbindet. Weil er durch chemische Reaktionen seiner Inhaltsstoffe mit Wasser aushärtet, sprechen Fachleute von einem hydraulisch wirkenden Bindemittel. Das Besondere daran: Die Reaktion läuft auch unter Wasser ab, weshalb sich Baustoffe auf Zementbasis auch für Unterwasserkonstruktionen eignen.
Fr
23
Jul
2010
Das Geheimnis ewigen Lebens
von Stefanie Reinberger, erschienen in Spektrum der Wissenschaft 8/2010, am 23.7.2010
Wissenschaftler haben den Schlüssel zum Jungbrunnen von Strudelwürmern gefunden - und damit ein wichtiges Werkzeug für die Stammzellforschung, die auch dem Menschen ungeahnte Möglichkeiten zur Erneuerung verheißt.
Planarien, zu Deutsch Strudelwürmer, sind schon merkwürdige Wesen. Wenige Millimeter bis Zentimeter groß, bevölkern sie Süßwasserbiotope aller Art, können sich geschlechtlich und ungeschlechtlich vermehren und sehen irgendwie ein bisschen ulkig aus: ein platter Körper, der an Nacktschnecken erinnert, der Kopf oft rautenförmig verbreitert, und die Pigmente der Sehorgane so angeordnet, dass es aussieht, als ob die Tierchen ein wenig schielen. Aber ausgerechnet diese seltsamen Zeitgenossen bringen etwas fertig, wovon Menschen nur träumen können. Planarien verfügen über eine schier unbegrenzte Regenerationsfähigkeit.
Fr
25
Jun
2010
Sinn und Sinnlichkeit
von Stefanie Reinberger, erschienen in Spektrum der Wissenschaft 7/2010, am 25.6.2010
Vom 13. bis 16. Mai fand in Essen der Bundeswettbewerb "Jugend forscht" statt. Die Teilnehmer präsentierten ein eindrucksvolles Spektrum an Ideen - von der Modellierung von Fischschwärmen über Klimastudien an Flechten bis hin zum computergesteuerten Cocktailmixer.
Bei "Jugend forscht" denkt mancher zunächst an Brillen tragende Streber, die mit den Interessen Gleichaltriger wenig anfangen können und sich stattdessen lieber im stillen Kämmerlein mit abstrakten Fragestellungen beschäftigen. Beim diesjährigen Bundeswettbewerb der Stiftung in Essen wurde man da aber schnell eines Besseren belehrt. Und zwar nicht nur in der »Chill-out-Ecke«, in der sich die Jungforscher beim Tischfußball oder mit Computerspielen entspannten. So erwiesen sich die Themen der Teilnehmer oft als höchst alltagsnah – und sprachen manchmal sogar ganz unmittelbar die Sinne an.
Fr
19
Feb
2010
Gelähmte Abwehr
von Stefanie Reinberger, erschienen in Spektrum der Wissenschaft 3/2010, am 19.2.2010
Ein bislang rätselhaftes Virusprotein macht Immunzellen bewegungsunfähig und trägt so entscheidend zum Ausbruch und Fortschreiten der Immunschwächekrankheit Aids bei.
Seit seiner Entdeckung im Jahr 1983 hat der Aidserreger HIV (Human-Immunschwäche-Virus) Forschern viele Rätsel aufgegeben. Zu den schwierigsten zählt die Rolle eines seiner Eiweißstoffe namens Nef (negative factor). Es handelt sich um ein regulatorisches Protein, von dem bislang nicht viel mehr bekannt war, als dass es der Erreger zu seiner massenhaften Vermehrung braucht. Nur wenn das HI-Virus über ein funktionsfähiges Nef verfügt, bricht die Immunschwäche mit ihren typischen Symptomen aus.
Fr
18
Dez
2009
Fleißige Mikroben
von Stefanie Reinberger, erschienen in Spektrum der Wissenschaft 1/2010, am 18.12.2010
Dass aus Milch ein leckerer Brotbelag wird, verdanken wir Bakterien und Schimmelpilzen.
Eine appetitlich angerichtete Käseplatte bildet oft den Abschluss eines Festtagsmenüs. Die reiche Auswahl an Sorten verdanken wir einem der ältesten biotechnologischen Verfahren. Ausgewählte Mikroorganismen erzeugen sie aus Milch, einer wässrigen Emulsion von Fetten, Proteinen, Kohlenhydraten, Mineralstoffen und Vitaminen. Freilich erst nach bestandener Qualitätskontrolle: Rückstände von Medikamenten wären Ausschlusskriterien, ebenso Mikroorganismen, die das anschließende Pasteurisieren durch Sporenbildung überleben könnten. Dazu gehören Clostridien, die den Käse gären und dadurch sauer bis bitter schmecken lassen würden.